News 13.02.2017 - Gemeinsam mit dem Hessisches Umweltministerium, WWF und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, starten wir das Pilot-Projekt für nachhaltigere Ernährung und Reduzierung von Lebensmittelabfällen als Teil der hessischen Ressourcenschutzstrategie
„Wenn die ganze Welt so viele Ressourcen verbrauchen würde, wie wir in Deutschland, dann bräuchten wir zweieinhalb Erden – wir haben aber nur die eine. Gut ein Drittel unseres Ressourcenverbrauches geht dabei auf das Konto der Ernährung. Natürlich soll das Essen schmecken – aber bei jeder Mahlzeit entscheiden wir auch darüber, wie sie produziert wurde, welche natürlichen Ressourcen dafür eingesetzt und teilweise unwiederbringlich verbraucht wurden. Unser Essen hat damit direkte und konkrete ökologische Auswirkungen“, sagte Umweltministerin Priska Hinz heute zum Start des Pilot-Projekts „Kulinarisch nachhaltig: Essen in Hessen“. Das Projekt wird gemeinsam mit dem World Wide Fund for Nature (WWF) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) umgesetzt. „Der Bereich Ernährung hat großes Potenzial: Mehr als 35 Prozent unserer natürlichen Ressourcen werden für die Herstellung von Nahrungsmitteln verbraucht. Darum machen wir das Thema zu einem Schwerpunkt unserer Ressourcenschutzstrategie in Hessen“, betonte die Ministerin. Das Projekt läuft bis Ende 2018 und verfolgt zwei Ziele: die Reduzierung von Lebensmittelabfällen in Großküchen und eine nachhaltigere und gesündere Außer-Haus-Verpflegung in Hessen.
Lebensmittelabfälle minimieren
„Die Hälfte der Lebensmittel, die wir täglich essen, lassen wir uns liefern oder nehmen sie in Cafés, Bistros, Kantinen und Restaurants zu uns. Und alle Studien sehen voraus, dass der Anteil weiter zunimmt“, sagte Hinz. Ein gutes Drittel der Lebensmittel, die bei dieser sogenannten „Außer-Haus-Verpflegung“ zubereitet werden, landen allerdings im Mülleimer. „In Anbetracht der Ressourcen und der Energie, die wir zur Herstellung von Lebensmitteln und Mahlzeiten aufwenden, ist das nicht hinzunehmen. Mit unserem bundesweit einmaligen Pilot-Projekt wollen wir dies in den kommenden zwei Jahren deutlich reduzieren und damit auch über die Landesgrenzen Hessens hinaus zeigen, dass sich Ressourcenschutz, Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen“, so Hinz. United against Waste e.V. ist als maßgeblicher Partner in diesem Projekt für die Erfassung, Analyse und Umsetzung der Maßnahmen zur Vermeidung der Lebensmittelabfälle in der Außer-Haus-Verpflegung zuständig.
Neben der Vermeidung von Lebensmittelabfällen hat sich das Projekt „Kulinarisch nachhaltig: Essen in Hessen“ außerdem zum Ziel gesetzt, das Essen nachhaltiger und gesünder zu machen. „Dieser ganzheitliche Aspekt ist uns sehr wichtig: Wir möchten den Zusammenhang von Ernährung und den damit verbundenen Konsequenzen für die Umwelt und unsere Gesundheit deutlich machen. Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die direkt oder indirekt mit der Ernährung verbunden sind“, betonte Hinz. „Eine nachhaltige und ressourcenschonende Ernährung fördert also die Gesundheit und leistet gleichzeitig einen wichtigen und notwendigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Biodiversität.“ Die Überprüfung und Optimierung der Verpflegungskonzepte nach gesundheitlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten erfolgt über das Analyseinstrument SusDish und wird vom Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung e.V. (INL) durchgeführt.
Kantinen der Landesregierung beteiligt
Als teilnehmende Betriebe konnten Modell-Kantinen gewonnen werden, die hinsichtlich gesundheitlicher, ökologischer und ökonomischer Aspekte auf den Prüfstand gestellt werden. „Ich freue mich, dass die Hessische Landesverwaltung hier mit gutem Beispiel vorangeht. So beteiligt sich zum Beispiel auch die Kantine des Wirtschaftsministeriums im Landeshaus an dem Projekt“, so Ministerin Hinz. Darüber hinaus werden drei hessische Justizvollzugsanstalten, das Berufliche Trainingszentrum in Kassel sowie vier Betriebskantinen der Unternehmen Wisag Catering, Primus Service sowie Sodexo am Projekt teilnehmen. Bei allen Betrieben wird eine Ökobilanzierung der Menüs erstellt – bezogen auf Treibhausgase, Auswirkungen der eingesetzten Lebensmittel auf den Flächenbedarf, die Artenvielfalt und den Wasserbedarf. Außerdem werden die Lebensmittelabfälle bei den beteiligten Unternehmen erfasst und nach Möglichkeiten gesucht, diese zu reduzieren. Auch die gesundheitliche Qualität des Speiseangebots wird dahingehend betrachtet, den Anteil regionaler und saisonaler Produkte zu erhöhen. Parallel dazu wird ein Dialogforum initiiert, mit dem Ziel, Handlungsleitfäden für die Außer-Haus-Verpflegung zu entwickeln sowie konkrete Handlungsempfehlungen an Politik, Wirtschaft und Ausbildung zu erarbeiten. Hier werden auch Erfahrungen aus dem Projekt „CO2ok“ einfließen, mit dem das Umweltministerium im vergangenen Jahr in ausgewählten hessischen Betriebskantinen effektive Maßnahmen zum Klimaschutz etablieren konnte.
Gemeinsam mit Kantinen, Köchinnen, Verbrauchern und Ausbildern
Das Projekt wird von allen drei Partnern finanziell getragen. Das Budget beträgt 250.000 Euro, die DBU fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit 123.500 Euro. „Uns ist das Thema Lebensmittelverluste und -verschwendung so wichtig, dass wir es in unseren Förderleitlinien explizit adressieren und dazu bereits einige Vorhaben auf den Weg gebracht haben“, sagt Dr. Heinrich Bottermann, DBU-Generalsekretär. Das Umweltministerium steuert für die Jahre 2017 und 2018 insgesamt 110.000 Euro bei. „Die Bundesrepublik hat sich im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele dazu verpflichtet, die Lebensmittelverluste bis 2030 zu halbieren und Unternehmen dazu zu ermutigen, nachhaltige Verfahren einzuführen und in ihre Berichterstattung Nachhaltigkeitsinformationen aufzunehmen“, sagte Ministerin Hinz. „Hessen will mit diesem Projekt seinen konkreten Beitrag leisten: Ich möchte in einem Wachstumsmarkt wie der „Außer-Haus-Verpflegung“ ein Bewusstsein schaffen für eine umweltgerechte und ressourcenschonende Ernährung“, erklärte sie. Dabei sei es wichtig, diesen Weg gemeinsam mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, mit Kantinen, Küchen, Köchinnen und Köchen sowie ihren Ausbildern zu gehen.
Lebensmittelverschwendung schadet Umwelt und Geldbeutel
Nach Schätzungen der Umweltschutzorganisation WWF, die das Projekt inhaltlich federführend betreut, sind die Ernährungsgewohnheiten eine der wesentlichen Stellschrauben, um negative Umweltauswirkungen durch den Menschen, wie Klimawandel oder Artensterben, abzumildern. „Weniger Lebensmittelverschwendung rechnet sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den Geldbeutel. Vor allem in öffentlichen Kantinen, etwa von Ministerien, Behörden oder auch Justizvollzugsanstalten ist Lebensmittelvermeidung ein gutes Rezept, um Kosten zu senken", so Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland.
Erstmalig wird in dem Projekt eine Kombination von verschiedenen Instrumenten vorgenommen, die eine kennzahlenbasierte Analyse, Bewertung und Optimierung der Themenfelder nachhaltige Ernährung und insbesondere auch die Vermeidung von Lebensmittelabfällen in der Gemeinschaftsverpflegung erlaubt. So werden beispielsweise Abfallmessungen in den Modelleinrichtungen durchgeführt und Lösungsstrategien erarbeitet und erprobt. „Der Alltag der Menschen wandelt sich auch dadurch, dass immer mehr Menschen Außer-Haus-Verpflegung zu sich nehmen. Es ist daher umso wichtiger, dass mit diesem DBU-geförderten Pilotprojekt gesundheitliche, ökologische und ökonomische Effekte umfassend betrachtet werden. Durch Zusammenarbeit mit den Modellbetrieben wollen wir gegen das Verschwenden von Lebensmitteln einen konstruktiven gesellschaftlichen Dialog anstoßen“, so Bottermann. Nicht nur Politik, Forschung und landwirtschaftliche Betriebe seien gefragt, auch der Handel und die Verbraucherinnen und Verbraucher müssten Lebensmittel wieder mehr als „Mittel zum Leben“ wertschätzen. Dazu gehöre auch das Bezahlen fairer Preise an die Landwirtinnen und Landwirte, die hochwertige Lebensmittel produzierten, betonte Bottermann anlässlich des Projektstarts.
Hintergrund:
Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützen das Projekt finanziell und inhaltlich. Die Projektkoordinierung liegt beim World Wide Fund for Nature (WWF). Weitere Projektpartner sind United against Waste e.V. und das Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung e.V. (INL).
Als Modellkantinen nehmen teil:
• die zwei Justizvollzugsanstalten in Weiterstadt, Frankfurt und die Jugendstrafanstalt Wiesbaden
• das Berufliche Trainingszentrum Kassel
• Wisag Catering: Betriebsrestaurant Dyckerhoff AG
• Primus Service GmbH: Casino, Landeshaus Wiesbaden
• Sodexo Services GmbH: Betriebsrestaurant der Union Investment
• Sodexo Services GmbH: Betriebsrestaurant der Union Investment Maintor
Am Donnerstag, 16. Februar, treffen sich die Projektbeteiligten bei einer Kick-off-Veranstaltung. Das erste Dialogforum „Essen in Hessen“ findet am 30. März in Kassel statt.